BLUR - 6 Miniaturen zur Unschärfe

EINE VIRTUELLE THEATRALE MUSIK-SKULPTUR von Sergej Maingardt, Jens Standke und Rosi Ulrich

Anfragen unter info [at] wehr51.com

Ausgestattet mit Virtual-Reality-Brille und Kopfhörer nehmen Sie Platz und tauchen ein in eine Theateraufführung, als wären Sie live dabei. Über ihnen breitet sich eine riesige Leinwand aus, Bilder füllen den Raum, Schauspieler und Musiker zum Greifen nah. Stimmen und Sound so täuschend real und doch nur virtuell?

Die 360°-VR-Installation BLUR führt Sie in das virtuelle Erlebnis einer Musik-Theaterproduktion, die 2017/2018 als Live-Aufführung in der Orangerie Theater im Volksgarten in Köln entstanden ist.

Die sechs Miniaturen der Theateraufführung behandelten sechs Bereiche zum Thema Unschärfe (die Links führen Sie zu den einzelnen Miniaturen der Theateraufführung):

™1.6]DELTAx_PHYSIK (Heisenbergs Unschärferelation),
™2.6]Paralyzed_PSYCHOLOGIE (Zuschauereffekt)

™3.6]HypeReal_FOTOGRAFIE (Fake News)
4.6]UND:ODER:NICHT_FUZZY LOGIC (Logik)

™5.6]Smart Factory_WIRTSCHAFT (Smart Home)
™6.6]Souveräne Unschärfe_POLITIK (Bundestagswahl 2017)

360°-Video: Jens Standke; Komposition/Sounddesign: Sergej Maingardt; Produktion: Rosi Ulrich
(Besetzung der realen Aufführungen unter BLUR)

UA der theatralen VR-Installation:
10. Oktober 2018, 11.-14.10.2018, im Rahmen von URBÄNG! dem Festival der Freihandelszone in der Orangerie Theater im Volksgarten, 16. Juni 2019, Kunsthof Galm, Brandenburg, im Rahmen von JÄTEN IM PARADIES

™1.6]DELTAx_Physik

360° - Video - zum Bewegen: gehaltenen Curser über das Bild ziehen

 

TEASER

mit: Fabian Ringel / Stimmen: Karin Kettling, Oliver Schnelker / Elektronik: Sergej Maingardt
Künstlerische Leitung: Konzept/Komposition/Musik: Sergej Maingardt, Videokunst: Jens Standke, Text/Konzept: Rosi Ulrich, Regie: Andrea Bleikamp
Kostüm: Claus Stump, Kostümanfertigung: Andrea Uebel, Produktionsleitung: Hannah Greve, Technik: Jens Kuklik, PR & Öffentlichkeitsarbeit: neurohr & andrä

 

Wir befinden uns in einer mehrdeutigen schwer einschätzbaren Situation, die Beobachtung der Anderen eröffnet keinen sinnvollen Handlungsansatz. Es gibt keinen Hinweis auf richtiges Verhalten, eine Fehlinterpretation ist durchaus wahrscheinlich. Immer schon haben die Menschen nach Wahrheit gesucht, mit ihr gerungen, an ihr festgehalten, sie verteidigt und sind am Ende an ihr verzweifelt. Sicher war man sich ihrer in den mythischen Zeiten, doch heute ist diese Sicherheit wie eine verwaschene Fotografie, die als Abbild der Realität nur noch dazu taugt, die Bilder im eigenen Kopf anzuregen.

Gehen wir den Ursprüngen auf den Grund und verfolgen die Kausalitäten ins Heute. Der Weg führt zurück zu den mythischen Entdeckungen des 20. Jahrhunderts. Wir suchen die Spuren der Geschichte, gleich einem Physiker, der die Quanten in der Nebelkammer aufscheinen lassen will, und stoßen auf Ereignisse, einzelne Singularitäten – wir verbinden diese Punkte im Glauben an lineare Abläufe und kausale Beziehungen. Setzen sie wie zu einer Fotografie zusammen. So schreiben wir Geschichte. Und wie sehr hoffen wir, nicht zu scheitern.

Wir betrachten die verblasste Fotografie, die ein Bild aus der Vergangenheit sein soll, aber doch nur eine Spur in die Zukunft ist. Und je länger wir sie betrachten, desto weniger scheinen wir zu erkennen – Bildpunkt oder Pixel – Kein Unterschied ist auszumachen. Unsere technischen und in der Folge auch wirtschaftlichen Errungenschaften hängen von den Setzungen des frühen 20. Jahrhunderts ab. Als z.B. Werner Heisenberg mit einer jugendlichen Frische, die geradezu einer Frechheit glich, das Postulat der Unschärferelation aufstellte, die behauptet, dass im atomaren Bereich die Objekte erst entstehen, wenn wir versuchen sie zu betrachten – Aber bestehen wir nicht alle aus Elementarteilchen?

Diese Setzungen aber reichen über die heutige Gegenwart weit hinaus in eine nahe Zukunft als das Schreckgespenst einer automatisierten, von Menschen erlösten Industrie 4.0, der, befreit von allem klassischen Denken -in der Physik wie im Leben-, mit Hilfe von Unwahrscheinlichkeiten eine höhere Präzision als der klassischen Wissenschaft gelingt - und das auch noch in kürzerer Zeit.

™2.6]Paralyzed_PSYCHOLOGIE

360° - Video - to move: hold the curser and move over the picture

 

TEASER

 

Wir befinden uns in einer mehrdeutigen, schwer einschätzbaren Situation, die Beobachtung der Anderen ergibt keinen Hinweis auf das richtige Verhalten. Eine Fehlinterpretation, ein Fehlverhalten, ist durchaus wahrscheinlich. Immer noch suchen die Menschen nach Wahrheit, ringen mit ihr, halten an ihr fest. Sie verteidigen sie und am Ende verzweifeln sie an den vielfältigen Gesichtern dieser Wahrheit, die sich Geschichte nennt und doch nur Politik ist.

Es scheint keine kausalen Beziehungen mehr zu geben – nur noch einzelne diskrete Ereignisse, die in den Gehirnen zur kontinuierlichen Linie zusammengefügt werden. Diese Reihe von historischen Ereignissen formiert sich zu einer katastrophalen Bewegung, die die Menschen fortreißt, um sie am Ende in einer ungewissen Zukunft wieder auszuspucken.

Je länger wir die verblasste Fotografie, die ein Bild dieser Vergangenheit sein soll, betrachten, desto weniger scheinen wir zu erkennen. Denn erst durch die Fotografie selbst kam die Unschärfe ins Bild: diese Idee einer subjektiven Wahrnehmung, einer Lücke zwischen zwei stabilen Zuständen, dem Abbild des Nicht-Zeigbaren.

In dieser Lücke, dieser uneindeutigen, schwer einschätzbaren Situation, trifft es die vagen Menschen, die aufgrund der großen Verunsicherung zu keiner moralischen Erkenntnis und keiner ethischen Bewertung der Situation zu gelangen vermögen. Gehen wir den Ursprüngen auf den Grund und folgen den Beweggründen. Viele tausend Male betrachten wir die Bilder dieses einen unerhörten Ereignisses und erkennen doch keinen sinnvollen Handlungsansatz, nichts was von elementarem Wert zeugen könnte. Gleich jenes Bildes einer verunsicherten Masse von Menschen, die inmitten eines überbuchten Flugzeugs einer großen Schärfe in der Umsetzung von kommerziellen und politischen Interessen gegenüber steht. Ein unsichtbares, aber eindeutig definiertes Ziel der Profitmaximierung scheint hier verfolgt zu werden. Aber die Frage, ob aus diesem Dilemma sich eine Souveräne Unschärfe ableiten lässt, wird erst in der Zukunft beantwortet, in einer Zukunft, in der Welle und Teilchen, Beobachter und Akteur zu einem Dritten verschmelzen wird.

™3.6]HypeReal_FOTOGRAFIE

360° - Video - to move: hold the curser and move over the picture

 

TEASER

Wir betrachten die verblassende Fotografie und erinnern uns vage an das unangenehme Gefühl, uns in einer mehrdeutigen, schwer einschätzbaren Situation befunden zu haben. Die Beobachtung der Anderen ergab keinen Hinweis auf eine richtige Einschätzung der Ereignisse. Ein Fehlverhalten war nicht zu vermeiden. Die Empörung über die Bilder der Gewalt gruben tiefere Spuren ins Kontinuum der Ereignisse ein als das Erlebnis selbst. Wie hätten wir wissen können, was sich tatsächlich ereignete?

Auf der Suche nach der Wahrheit verlor sie sich in den Bildern und riss die Menschen in einer gewaltigen katastrophalen Bewegung durch die Geschichte – so als wollte sie sie in einer Zukunft ausspucken, deren Bilder ungeheuer vertraut und zugleich verstörend rätselhaft blieben.

Die Erforschung der Kausalitäten und die Hoffnung, die linearen Abläufe zu erkennen, führten uns zurück in das beginnende 20. Jahrhundert als die jugendliche Frische der Wissenschaft plötzlich ihr Gesicht verlor, angesichts der fatalen Verbindung, die die Physik mit der Politik einzugehen hatte. Gleich den Quanten, die mit Hilfe von ungeheuer viel Energie über das Nichts hinweg von einer Bahn zur anderen springen, brachen sich Quantensprünge von Gewalt, Zerstörung und Willkür die Bahn und brachten eine strudelnde Bewegung hervor, die uns schließlich unter den Augen der Anderen in einem überbuchten Flugzeug an die Grenzen der eigenen Handlungsfähigkeit brachte. Hatten wir im Strudel der Ereignisse gelernt mit den Bildern umzugehen oder würden sie sich weiterhin verschließen, je genauer wir sie betrachten?

™4.6]UND:ODER:NICHT_FUZZY LOGIC

 

TEASER

Wir befinden uns in einem eindeutigen System, Null Eins, Ja Nein, On Off, Entweder Oder bestimmen unseren Blick. Klare Unterscheidungen definieren unsere Wahrnehmung. Etwas benennen, heißt, es von etwas Anderem zu unterscheiden. Das gibt Sicherheit. Wir sind Für oder Gegen, es gibt Rechts oder Links. Das macht es eindeutig und klar – einfach! Es hilft zu überleben: Freund oder Feind, Gefahr oder Sicherheit. Gerecht oder Ungerecht, Glück oder Unglück, Welle oder Teilchen. Präzise abgrenzbar mit scharfen Kanten und Trennlinien. Ein Drittes darf es nicht geben. Denn schon in den Offenbarungen des Johannes Kapitel 3, 15 bis 17 heißt es: „Ich kenne euer Tun. Ich weiß, dass ihr weder warm noch kalt seid. Wenn ihr wenigstens eins von beiden wärt! Aber ihr seid weder warm noch kalt; ihr seid lauwarm. Darum werde ich euch aus meinem Mund ausspucken.“ Und so trifft der Zorn Gottes die vagen Menschen, denn diese werden nicht wie die Sünder bestraft, sondern ausgespuckt und ausgeschlossen aus der Gemeinschaft.

Galt in der Welt von Aristoteles die klare Unterscheidbarkeit der Dinge: was das eine ist, kann nicht zugleich das andere sein: also nicht Mann und Frau zugleich, so bevölkern heute die Hybride unsere Welt, Mischformen, Mischwesen, Cyborgs, Kreuzungen, interagierende Implantate, Intersex. Fuzzy Logic ist die Theorie hinter den modernen Mischformen, eine Logik, die auf unscharfen Zugehörigkeiten zu verschiedenen Mengen basiert. Sie kennt die beiden Seiten einer Unterscheidung, aber auch die ganze unendliche Mitte dazwischen und die fließenden Zwischentöne zwischen wahr und falsch. Die Fuzzy Logic erkennt an, dass es sowohl ein „entweder – oder“ als auch ein „sowohl - als auch“ geben kann. Denn Vagheit spart nicht nur Kosten, sie kann sogar nützlich sein. Strategisch werden Vagheiten etwa in der Politik genutzt. Je interpretationsoffener und damit vager die politischen Aussagen sind, desto mehr Anschlussmöglichkeiten werden angeboten und desto weniger Wähler verprellt. Maschinen mit Künstlicher Intelligenz, lernfähige Systeme, Automatisierungs- und Regeltechniken nutzen schon seit Jahrzehnten die Fuzzy Logic, um stabile und schnelle Entscheidungen herbeizuführen. Damit erschaffen sie das Smarte Zuhause, Smarte Automobile, Smarte Produktionslinien mit Smarten Produkten und smarten Entscheidungen, die festlegen, wann es Zeit ist ein System zu verlassen, bevor wir überhaupt daran denken.

™5.6]Smart Factory_WIRTSCHAFT

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TEASER

Wir befinden uns in multivariablen Situationen, Ausgangs- und Zielwerte sind vielfältig interpretierbar. Die Beobachtung der Anderen ist ausgelagert und wird von komplexen Algorithmen bewertet und beständig aktualisiert. Kausale Beziehungen sind einem Strom von Interpretationen gewichen. Immer neue Ergebnisse, Kolonnen von Zahlen definieren die Hierarchien von Oben und Unten, von Gut und Schlecht. Längst schon sind sie zur moralischen Instanz geworden und bestimmen zukünftiges Handeln. Die Chancen für die eigene Karriere, für politische Entscheidungen und Wahlprogramme werden an diesen Rankings gemessen und immer wieder nach ihnen ausgerichtet. Im tiefen Vertrauen in lernfähige Vernetzungen haben die Menschen die Suche nach der Wahrheit an intelligente Systeme abgegeben. Diese Systeme dringen in die Tiefen der Bilder vor. In den Fotografien suchen sie Pixel um Pixel nach Fehlern und Manipulationen, bis sie zur glatten Oberfläche vorstoßen und hochauflösende Bilder künstlicher Narrationen liefern. Gleich dem Paradoxon der Quantenphysik, in dem Wahrscheinlichkeiten das Auftreten von Ereignissen bestimmen und parallele Universen durchaus möglich sind, bewegen sich die Menschen gleichzeitig in unterschiedlichen Welten, die gleichermaßen real wie künstlich sind.

Einst führte uns die Hoffnung, lineare Abläufe zu erkennen, zurück in das beginnende 20. Jahrhundert, als die jugendliche Frische des Fortschritts in einer naiv anmutenden Geste Wissenschaft und Politik miteinander verband und die Menschen in einem Strudel aus Gewalt, Zerstörung und Willkür durch die Geschichte trieb. Verwickelt in ein Netz von Abhängigkeiten, spuckte sie sie schließlich in einer allumfassenden Komfortzone aus, in der die Objekte sprechen können und moralischen Grundsätzen folgen. Hatten früher kommerzielle Interessen zu überbuchten Flugzeugen geführt, so sind die Menschen heute zu einem Teil der Wertschöpfungskette geworden, die sie in die sanften Ketten der allumsorgenden Smarten Produktion legt und sie mit Robotern und Maschinen vernetzt.

™6.6]Souveräne Unschärfe_POLITIK

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TEASER

Wir gingen zurück zu den Ursprüngen im beginnenden 20. Jahrhundert als die Quantenphysik die kausalen Ketten durchbrach und Diskontinuität die Ereignisse zu bestimmen begann. Wir mussten erkennen, dass die Fuzzy Logic mit ihren uneindeutigen fließenden Zuordnungen die logische Antwort auf eine Welt aus Hybriden, Cyborgs und Mischwesen ist und wesentlich zur Beschleunigung technologischer Entwicklung beigetragen hat. Die verwaschene Fotografie aus dem letzten Jahrhundert, da die jugendliche Frische in grandioser Unbekümmertheit die Welt veränderte, ist längst dem manipulierten Universum hochauflösender scharfer Bilder gewichen, deren gestrandeter Informationsgehalt auf die Vielfalt der Interpretations­möglichkeiten verweist. In einer nahen Zukunft werden vernetzte Systeme tausende der Wahrheiten, die in den einzelnen Bildern stecken, verarbeiten und damit eine moralischen Instanz schaffen. In dieser nahen Zukunft lebt der Mensch in einem Smarten Fürsorgeparadies, das seine künftigen Bedürfnisse schon in der Gegenwart erfüllt und den Gedanken an Widerspruch weit vor seinem Aufkeimen auslöscht.

"Doch heute befinden wir uns noch im radikalen Umbruch. Digitalisierung und politische Umwälzungen verändern alles. Nicht nur Deutschland, sondern die ganze Welt steht am Beginn der neuen Zeit. Wir glauben, dass wir für diese neue Zeit auch ein neues Denken brauchen. Ein Denken frei von Vorurteilen, frei von Gewohnheiten, frei von ‚So haben wir das immer gemacht’. Ein Denken, das nach vorne gerichtet ist und das die Lösungen eben nicht in der Vergangenheit sucht. Denn wir befinden uns im Umbruch, das ist sicher. Und genauso sicher sind die Möglichkeiten, die er bietet. Lasst sie uns nutzen. Stärken wir den Glauben der Menschen an sich selbst! Unser Land braucht wieder Mut, frische Ideen und neue Entschlossenheit.

Unser kulturelles Leben ist einzigartig und unser Land ist heute demokratischer, offener, moderner und freier als jemals zuvor. Wir sind stolz auf unseren demokratischen Rechtsstaat, der die Würde des Menschen an erster Stelle setzt. Für diese Werte kämpfen wir. Wir sind ein Land mit einer unverwechselbaren, starken Identität, das seinen Menschen auch in stürmischer Zeit Heimat und Halt bietet. Wir müssen Flagge zeigen für Demokratie, Freiheit, Menschenrechte, Rechtsstaat und Europa. 
Treten wir für die Werte ein, die unser Land und Europa stark und lebenswert gemacht haben: die Würde des Menschen, Gerechtigkeit und Gleichberechtigung, Freiheit und Demokratie."

Presse

Wir nehmen auf Sitzsäcken Platz, wie die Besucher des realen Theaterabends, lassen uns fallen und richten gespannt unseren Blick auf die mit halbtransparenter Leinwand bespannte Decke, auf der die physikalischen Ausführungen mit abstrakten Bildfolgen illustriert werden. Angetrieben von pulsierend-minimalistischem Elektroscore formen und verdichten sich dort als weiße Punkte dargestellte Teilchen und Elektronen zu immer neuen Formationen. Auch wenn Physiklaien danach nicht unbedingt erhellt mitsprechen können, wenn das nächste Mal von Heisenbergs Unschärfe oder Schrödingers Katze gesprochen wird, bleibt doch eine Ahnung, dass die sogenannte Realität vielleicht nicht so konkret und faktisch ist, wie sie eben noch schien. Ist die Wahrnehmung etwa nur der Versuch des Menschen, Muster herzustellen und Sinn zu stiften, um sich vor der Aussicht unzusammenhängenden Chaos' abzulenken?

Textauszug

Wir befinden uns in einer mehrdeutigen schwer einschätzbaren Situation, die Beobachtung der Anderen eröffnet keinen sinnvollen Handlungsansatz. Es gibt keinen Hinweis auf richtiges Verhalten, eine Fehlinterpretation ist durchaus wahrscheinlich. Immer schon haben die Menschen nach Wahrheit gesucht, mit ihr gerungen, an ihr festgehalten, sie verteidigt und sind am Ende an ihr verzweifelt. Sicher war man sich ihrer in den mythischen Zeiten, doch heute ist diese Sicherheit wie eine verwaschene Fotografie, die als Abbild der Realität nur noch dazu taugt, die Bilder im eigenen Kopf anzuregen.

Gehen wir den Ursprüngen auf den Grund und verfolgen die Kausalitäten ins Heute. Der Weg führt zurück zu den mythischen Entdeckungen des 20. Jahrhunderts.

Wir suchen die Spuren der Geschichte, gleich einem Physiker, der die Quanten in der Nebelkammer aufscheinen lassen will, und stoßen auf Ereignisse, einzelne Singularitäten – wir verbinden diese Punkte im Glauben an lineare Abläufe und kausale Beziehungen. Setzen sie wie zu einer Fotografie zusammen. So schreiben wir Geschichte. Und wie sehr hoffen wir, nicht zu scheitern.

Wir betrachten die verblasste Fotografie, die ein Bild aus der Vergangenheit sein soll, aber doch nur eine Spur in die Zukunft ist. Und je länger wir sie betrachten, desto weniger scheinen wir zu erkennen – Bildpunkt oder Pixel – Kein Unterschied ist auszumachen.

Unsere technischen und in der Folge auch wirtschaftlichen Errungenschaften hängen von den Setzungen des frühen 20. Jahrhunderts ab. Als z.B. Werner Heisenberg mit einer jugendlichen Frische, die geradezu einer Frechheit glich, das Postulat der Unschärferelation aufstellte, die behauptet, dass im atomaren Bereich die Objekte erst entstehen, wenn wir versuchen sie zu betrachten (doch je genauer wir sie betrachten, desto flüchtiger ist ihr Zustand) – Aber bestehen wir nicht alle aus Elementarteilchen?

Diese Setzungen aber reichen über die heutige Gegenwart weit hinaus in eine nahe Zukunft als das Schreckgespenst einer automatisierten, von Menschen erlösten Industrie 4.0, der, befreit von allem klassischen Denken -in der Physik wie im Leben-, mit Hilfe von Unwahrscheinlichkeiten eine höhere Präzision als der klassischen Wissenschaft gelingt - und das auch noch in kürzerer Zeit.

Im Spielplan des WEHR51, produziert 2018 durch das theater-51grad.com, in Kooperation mit Freihandelszone - ensemblenetzwerk köln
Die VR-Version wurde gefördert durch: NRW KULTURsekretariat, Kulturamt der Stadt Köln, (die -Förderer der Theateraufführung siehe unter BLUR)

nrw kultursekretariat